Wie viele Kinder passen in einen Kubikmeter?

„Die Schülerinnen und Schüler entwickeln und nutzen tragfähige Größenvorstellungen ebenso wie einen Grundbestand an Kenntnissen und Fähigkeiten beim Umgang mit Größen und bei der Bearbeitung von Sachproblemen aus der Lebenswirklichkeit.“ 

Bereich: Größen und Messen

Schwerpunkt: Größenvorstellungen, Umgang mit Größen

Kompetenzerwartungen am Ende von Klasse 4:

Die Schülerinnen und Schüler

messen Größen (Längen, Zeitspannen, Gewichte und Rauminhalte) mit geeigneten Messgeräten - vergleichen und ordnen - geben Größen von vertrauten Objekten an und nutzen diese als Bezugsgrößen beim Schätzen (z.B. großer Margarinebecher: 500 g) - lesen Uhrzeiten auf digitalen und analogen Uhren ab - verwenden die Einheiten für Längen (mm, cm, m, km), Zeitspannen (s, min, h), Gewichte (g, kg, t) und Volumina (ml, l) und stellen Größenangaben in unterschiedlichen Schreibweisen dar (umrechnen) - nutzen im Alltag gebräuchliche Bruchzahlen bei Größenangaben und wandeln in kleinere Einheiten um (z.B. ¼ l = 250 ml) - rechnen mit Größen (auch Dezimalzahlen)

 

Bereich: Größen und Messen

Schwerpunkt: Sachsituationen

Kompetenzerwartungen am Ende von Klasse 4:

Die Schülerinnen und Schüler

formulieren zu realen und simulierten Situationen und zu Sachaufgaben mathematische Fragen und Aufgabenstellungen und lösen sie - nutzen selbstständig Bearbeitungshilfen wie Tabellen, Skizzen, Diagramme etc. zur Lösung von Sachaufgaben (z.B. zur Darstellung funktionaler Beziehungen) - begründen, dass Näherungswerte (Schätzen, Überschlagen) ausreichen, bzw. warum ein genaues Ergebnis nötig ist - formulieren Sachaufgaben (mündlich und schriftlich) zu vorgegebenen mathematischen Modellen (Gleichungen, Tabellen etc.)

aus: Richtlinien und Lehrplänen im Fach Mathematik, Grundschule NRW

Mit Metern, Zentimetern und Millimetern können Kinder im 4. Schuljahr umgehen. Auch einen Kilometer können sie sich inzwischen ungefähr vorstellen: „Das ist ungefähr so weit wie von der Schule bis…“

Ein Gramm ist sehr wenig und ein Kilogramm wiegt eine Tüte Mehl. Eine Tonne ist nicht etwa eine Tonne, sondern eine große Gewichtseinheit, in etwa so viel wie ein Auto wiegt.

Entfernungen und Gewichte sind den Kindern vertraut. Wenn es jedoch um Volumina geht, fehlt oft die Vorstellung. Beim Liter funktioniert das noch, denn der passt in eine Milchtüte.  Was aber sind ein Milliliter und ein Kubikmeter? Ein Milliliter passt in eine Tintenpatrone, in einem Fläschchen Backaroma sind schon zwei. Aha!

„Bei einem Kubikmeter müsst ihr euch einen Würfel vorstellen, einen Meter breit, einen Meter lang und einen Meter hoch.“

Schwierig. „Und in den passen 1000 Liter.“ Noch schwieriger. „Und in den wiederum 1000 Milliliter. In den Kubikmeter also 1.000.000 Milliliter.“ Geht gar nicht!

Also schafften wir ganz schnell einen Beutel mit 1000 Kubikzentimetern aus Holz an, einen Holz-Kubikdezimeter und als Krönung einen Kubikmeter als Kantenmodell.

   

Obschon IKEA-erfahren, gelang es mir erst mit Hilfe zweier findiger Jungen aus der 4a, das Kantenmodell zusammenzubauen.

Dann konnte ich es genießen, das Staunen der Kinder: „SO groß ist ein Kubikmeter?“ Das Staunen blieb übrigens nicht auf die Kinder beschränkt, auch wir Lehrerinnen standen überrascht vor unserem Kanten-Modell. Wann sieht man schon mal einen leibhaftigen Kubikmeter in seiner vollen Größe?

Als ich dann den Kubikdezimeter an eine Ecke des Riesenwürfels stellte, konnten die Kinder erfassen, dass 10 x 10 davon auf den Boden passen und dann noch einmal 10 Etagen übereinander. Klar, 10 x 10 x 10 ist 1000!

1000 Liter passen in einen Kubikmeter – aber wie viele Kinder? Die Frage war mit etwas Mühe, Geschiebe und Gedrängel bald gelöst: 9 Mädchen oder 10 Jungen. Mehr Kinder waren an diesem Tag nicht in der 4a. Während sich die 9 Mädchen fein säuberlich nebeneinander hockten, gingen die Jungs die Sache schwungvoller an: die erste Lage warf sich auf den Boden und die zweiten oben drauf. Dann musste noch das eine oder andere Bein abgeknickt, der eine oder andere Arm zu Recht gerückt und die Untermänner zum Durchhalten aufgefordert werden: Keine Frage, sie hätten auch 15 Jungs untergebracht – falls die Untermänner das durchgestanden hätten!

     

Am folgenden Tag arbeiteten die Kinder mit großer Freude daran, mit Hilfe von Wasser und Messbechern die Kompetenzerwartungen der Richtlinien (siehe Kasten 1) zu erfüllen. Was wahrscheinlich mehr am Wasser lag als an den Richtlinien.

       

Befürchtete Überschwemmungen blieben aus, die Kinder waren vorsichtig und diszipliniert. Dass man beim Schätzen von Rauminhalten schon mal irren kann, zeigten eindrucksvoll die Versuche mit den Körpern, die wir benutzten:

Tatsächlich – in den Zylinder (800 ml) passt genau der doppelte Inhalt der Kugel, in den Quader mit 0,5 l Inhalt der Inhalt der Pyramide, der kleine Quader (0,25 l) hat das gleiche Volumen wie unser Kegel und 1/8 Liter-Würfel ist vom Inhalt her genau so groß wie der Tetraeder!

 

Übrigens gab`s noch eine Überraschung: 0,8 Liter ist mehr als 0,25 Liter, dabei ist 8 doch weniger als 25!

Nun musste geklärt werden, dass 1/4 mehr ist als 1/8, obwohl die 4 kleiner ist als die 8. Nein, völlig falsch, fanden die Kinder heraus, vorgewarnt davon, dass bei Kommazahlen und Brüchen anscheinend alles anders ist als im normalen Leben: Nicht OBWOHL, sondern WEIL. Denn wenn sich 8 Kinder eine Torte teilen, bekommt jeder ein kleineres Stück als wenn sich 4 eine teilen! Spätestens, wenn sich nur 2 am Kuchen versuchen, werden sie feststellen, dass das sehr viel für jeden von beiden ist. Was lernen wir daraus?

1/2 verursacht Bauchschmerzen und Übelkeit.

 

In den folgenden Tagen wird es weiter darum gehen, die Kompetenzerwartungen mit dem Schwerpunkt Sachsituationen zu erfüllen. Es ist zu befürchten, dass die Begeisterung nicht ganz so groß sein wird, da „Sachsituationen“ eindeutig trockener sind als der „Umgang mit Größen“!

 B. Borggräfe