7. Konzept zur Organisation der Schuleingangsphase 

7.1 Vorbemerkungen

Alle Kinder sind verschieden! Das macht sie so interessant, so liebenswert und den Beruf des Pädagogen so spannend. Sie haben unterschiedliche Begabungen, jeweils andere Stärken und Schwächen. Ihre Entwicklung verläuft in ganz individuellen Zeitrastern und Wegen. Wenn Kinder eingeschult werden, dann kommt zu uns keine Gruppe gleichförmiger Jungen und Mädchen, sondern wir treffen auf jeweils einzigartige Individuen.

Darauf müssen wir uns einstellen und jedes Kind dort abholen, wo es bezüglich seiner Entwicklungen und Neigungen steht. Nur dann werden wir allen Jungen und Mädchen gerecht. Dies geschieht durch Individualisierung und Differenzierung.

Dazu zählt

  • dass wir Kindern unterschiedlich viel Zeit zugestehen, um die beiden ersten Schuljahre zu durchlaufen,

  • dass nicht alle Kinder zur gleichen Zeit den gleichen Lernstoff bewältigen können und müssen,

  • dass man Kinder dort bestärkt und zusätzlich fördert, wo besondere Begabungen erkennbar sind,

  • dass man Kindern dort hilft, wo Schwierigkeiten deutlich werden,dass Kinder

  • selbstständiges Lernen erlernen (Lernen des Lernens) und damit eine Schlüsselqualifikation in unserer sich schnell wandelnden Gesellschaft erwerben.

Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse hat das Land in einem Gesetz geregelt, welchen pädagogischen Ansprüchen die Arbeit in der Schuleingangsphase gerecht werden muss. Schulen erhalten bei der Umsetzung Entscheidungsfreiheiten bezüglich des Weges, jedoch nicht bezüglich der Ziele.

Sie müssen sichern,

  • dass jedes Kind individualisiert gefördert wird

  • dass jedes Kind entsprechend seinem Lernvermögen zwischen einem und drei Jahren in den Klassen 1 und 2 verweilen kann („individuelle Verweildauer").

Ob Schulen diese Aufgaben bewältigen, indem sie jahrgangsübergreifende Klassen bilden oder bei der traditionellen Form der jahrgangsbezogenen Klassen bleiben (jede Klasse hat nur Schüler/innen eines Einschulungsjahrgangs), ob sie Mischformen wählen oder noch andere Lösungen finden, das bleibt ihnen überlassen.

Alle Schulen haben sich intensiv mit den unterschiedlichen Möglichkeiten auseinandergesetzt und sich in der Schulkonferenz für das Modell entschieden, von dem sie glauben, dass es für die Schülerinnen und Schüler am besten ist. Für die Grundschule Grundschöttel haben die Mitglieder der Schulkonferenz beschlossen, dass in jahrgangsbezogenen Klassen unterrichtet wird.

7.2 Lernstandsdiagnostik als Basis der unterrichtlichen Arbeit

7.2.1 Zusammenarbeit zwischen Schule, Kindergarten und Eltern

Die Grundschule Grundschöttel arbeitet nicht nur mit den vier ortsansässigen Kindertagesstätten zusammen, sondern hat auch zahlreiche Schulanfänger aus angrenzenden Stadtteilen in ihren Eingangsklassen, so dass wir mit vielen Kindertagesstätten und verschiedenen Trägern im Arbeitskreis Grundschule - Kindertageseinrichtungen zusammenarbeiten. Die Bereitschaft der einzelnen Kindertagesstätten zur Kooperation ist bei allen KiTas vorhanden, die Weitergabe von Informationen zu einzelnen Kindern ist im Rahmen des Schulgesetzes geregelt.

Augenblickliche Situation der Kooperation mit den Kindertageseinrichtungen

  • Lehrkräfte der Schule führen in Zusammenarbeit mit den Erzieherinnen die Sprachstandserhebungen „Delfin 4“ in den Kindertageseinrichtungen durch.

  • Die Schule nimmt vor der Einschulung die Informationen über Schulanfänger entgegen, die die Kindertageseinrichtungen freiwillig weitergeben.

  • Allgemeine Einschulungskonferenzen erfolgen nicht, weil die Kindertageseinrichtungen aus Gründen des Datenschutzes dazu nicht befugt sind. Infolgedessen muss die Schule ihre Informationen zu den Lernständen der einzelnen Kinder selbst erheben.

  • In Fällen, bei denen dringender Handlungsbedarf besteht (z.B. bei der Einleitung eines AO-SF vor der Einschulung), wird die Schule zu gemeinsamen Gesprächen zwischen Kindertageseinrichtung, Eltern und Schule einladen.

  • Alle Kindertageseinrichtungen besuchen mit den angehenden Schulanfängern die künftige Schule, vor den Sommerferien lernen die zukünftigen Erstklässler dann ihre Klassenlehrerin kennen, die sie zu einer Schulstunde mit Erstklassunterricht in die Schule einlädt.

  • Die Schulleitung der Grundschule Grundschöttel informiert die Eltern der Vierjährigen in den KiTas rechtzeitig vor der Sprachstandserhebung über Schulprofil, Schulfähigkeitsprofil, Ablauf und Durchführung sowie Auswertung von Delfin 4 sowie alle wichtigen Dinge, die Eltern und KiTas im Zeitraum bis zur Schulanfängeranmeldung fördern sollten.

7.2.2 Anmeldeverfahren (Bezugspunkt Schulfähigkeitsprofil)

Die vorschulische Bildung ist gemeinsame Aufgabe von Eltern und Kindertageseinrichtung. Die Grundschule übernimmt mit der Einschulung die Aufgabe der Kindertageseinrichtung. Vor diesem Hintergrund ist die genaue Kenntnis des kindlichen Entwicklungsstandes wichtig. Dies kann jedoch nur mit präzisen Erhebungsverfahren gelingen. Als Ergebnis der gewonnenen Daten erfolgt dann die schulische differenzierte Förderung in der Schuleingangsphase.

Im Zusammenhang mit der Anmeldung (10 Monate vor der Einschulung) ist es wichtig, Defizite im Bereich Sprache festzustellen, um möglicherweise entsprechende Sprachkurse anzubieten. Gleiches gilt für Defizite im motorischen und vestibulären Bereich. Außerdem müssen Eltern auf besondere auffällige Probleme hingewiesen werden, die eine spätere schulische Förderung beeinflussen können.

Anmeldeverfahren

  • Ein Mitglied des Kollegiums erledigt die Erhebung aller üblichen Daten und informiert die Eltern über die schulischen Betreuungskonzepte und sonstigen Angebote (z.B. Offene Ganztagsschule).

  • Auf dem Anmeldeformular geben die Eltern (freiwillig) auch an, ob ihr Kind besondere Entwicklungsprobleme hat und sich bereits in Fachbehandlung befindet (z.B. in psychologischer Behandlung, Ergotherapie oder logopädischer Behandlung) oder ob es besondere Medikamente benötigt.

  • Ein weiteres Mitglied des Kollegiums führt gleichzeitig mit jedem Kind im gleichen Raum und in einer freundlichen Atmosphäre ein Kennenlerngespräch durch. Darin werden die Kinder animiert,

    • von sich selbst, ihrem Kindergarten und ihren Freunden zu erzählen

    • zu einem Bild zu erzählen

    • sich zu bewegen

    • Geräusche zu differenzieren

    • Farben und Formen zu differenzieren

    • klanglich gleiche Wörter zu ermitteln (Reimpaare)

    • sich an einem Würfelspiel zu beteiligen

    • ein Bild zu einem vorgegebenen Thema zu malen.

  • Während des Kennenlerngesprächs protokolliert die Lehrkraft ihre Beobachtungen und Ergebnisse auf einem Formblatt vorwiegend im Ankreuzverfahren.

  • Anschließend bespricht die Lehrkraft mit den Eltern das Gesamtbild, das sich aus den Angaben der Eltern und dem ersten Eindruck ergeben hat. Die Eltern erhalten ggf. bereits Hinweise zur besonderen Förderung. Falls die Eltern weitere Angaben zu ihrem Kind machen, werden diese auf dem Beobachtungsprotokoll festgehalten.

  • Die während der Anmeldung erhobenen Daten (Anmeldeformular, Untersuchungsprotokoll, von dem Kind gemaltes Bild, Foto des Kindes) werden aufbewahrt.

Wenige Wochen nach der Einzeldiagnostik besucht das Kind innerhalb einer Gruppe von künftigen Schulanfängern seiner Kindertageseinrichtung erneut die Schule. Dann verbringen die Kinder gemeinsam etwa 60 Minuten in einem Klassenraum und werden ermutigt, zu einer vorgelesenen Geschichte zu erzählen, Stabfiguren anzumalen und auszuschneiden sowie anschließend zur Geschichte zu spielen. Mitglieder des Kollegiums beobachten die Kinder während dieser Zeit. Sinn dieses zweiten Besuches ist es, zum einen feinmotorische Fähigkeiten der Kinder zu diagnostizieren, zum anderen aber vor allem auch das Verhalten des einzelnen Kindes in der Gruppe zu analysieren.

Unter Schulfähigkeitsprofil verstehen wir, dass das Schulkind in der Lage sein muss, Kulturtechniken in einer Gruppe zu erlernen. Daher werden während des zweiteiligen Schulspiels (siehe oben Einzeldiagnostik bei der Schulanfängeranmeldung + Gruppensituation beim Besuch des Kindergartens in der Schule) alle Wahrnehmungsbereiche, die Sprachentwicklung sowie das Sozial- und Arbeitsverhalten des Vorschulkindes überprüft. Bei Auffälligkeiten suchen wir das Gespräch mit den Eltern und den Erzieherinnen in den Einrichtungen. Auch die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern zur Frühförderung des Kindes vor der Einschulung ist selbstverständlich.

Sprachkurse: Kinder, bei denen sich der Verdacht ergibt, dass sie Schwierigkeiten im aktiven und passiven Sprachgebrauch haben, werden nach den Osterferien zu einem Sprachkurs geladen. Bei Problemen, die eher auf der logopädischen Ebene liegen, erhalten die Eltern einen entsprechenden Therapiehinweis.

7.2.3 Informationen zur Einschulung für Eltern

Die Eltern erhalten Informationen rund um die Schuleingangsphase sowie das Schulfähigkeitsprofil und die Schuleingangsvoraussetzungen von Kindern bereits in der Phase der Schulanfängeran­meldungen im Herbst vor der Einschulung. Bei diesem Infoabend wird auch der Übergang von der Kindertageseinrichtung bis zur Einschulung erörtert. Vor den Sommerferien findet ein Elternabend mit der künftigen Klassenlehrerin statt, damit sich letzte Fragen und Einzelheiten klären lassen.

7.2.4 Ermittlung der Lernausgangslage in den Entwicklungs- und Lernbereichen in den ersten Schulwochen (bis zu den Herbstferien) und Sicherstellung der Umsetzung erster unterrichtlicher Konsequenzen

Bereits bei der Anmeldung werden nach dem zuvor beschriebenen Verfahren erste Eindrücke von allen Kindern gewonnen. Beobachtungsbögen der Schulanfängeranmeldung sowie des Schulspiels dienen der weiteren Orientierung der späteren Klassenlehrerin und werden im Verlauf der Schuleingangs­phase durch Lern- und Entwicklungsbögen sowie durch andere Diagnoseinstrumente zur Überprüfung des individuellen Lernfortschritts ergänzt und fortgeführt. Dabei ist klar, dass alle künftigen Schulanfänger in den zehn Monaten bis zur Einschulung noch erhebliche Entwicklungssprünge machen werden.

Schuleingangsdiagnostik: Die Ermittlung der Lernausgangslage ist die Voraussetzung für die individuelle Förderung eines jeden Kindes. Sie muss mit dem ersten Schultag beginnen. Diese Aufgabe übernimmt jede Lehrkraft für ihre Schülerinnen und Schüler, weil sie für die weitere Gestaltung der Individualförderung zuständig ist. In den ersten Schulwochen stellt sie fest, über welche Kompetenzen die Kinder verfügen.

Elterngespräch: Die Eltern aller Lernanfänger werden nach den Herbstferien zu einem Elterngespräch eingeladen. Sie schildern der Lehrkraft, wie sie selbst ihr Kind sehen, wo sie seine Stärken glauben und wo sie Schwierigkeiten vermuten. Die Lehrkraft ihrerseits berichtet über den Leistungsstand und individuelle Beobachtungen.

7.3 Die flexible Verweildauer - Flexibilisierung der Verweildauer unter Berücksichtigung der verbindlichen Anforderungen nach Klasse 2 - zieladäquate und schulorganisatorische Umsetzung

Die neuen Lehrpläne machen genaue Aussagen, welche Lernstände am Ende der Jahrgangsstufe 2 in den verschiedenen Fächern und Aufgabenschwerpunkten bezüglich der Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse erreicht werden müssen. Auf dem Weg dorthin schreiten die Kinder unterschiedlich schnell voran. Die Klassenlehrerin überprüft regelmäßig anhand von Diagnosebögen, inwieweit jedes einzelne Kind sich auf diesem Weg entwickelt hat und wo es steht. Die Eltern werden auf den Elternsprechtagen darüber informiert.

Grundsätzlich gilt:

  • Die Regelzeit zum Durchlaufen der Schuleingangsphase beträgt zwei Jahre.

  • Wenn ein Kind am Ende dieser Zeit bezüglich der in den Lehrplänen definierten Kompetenzen erhebliche Defizite aufweist, die eine erfolgreiche Mitarbeit in Klasse 3 unwahrscheinlich erscheinen lassen, verbleibt es ein weiteres Jahr in der Schuleingangsphase.

  • Ein Kind wechselt bereits nach einem Jahr in die Jahrgangsstufe 3, wenn es aufgrund des erreichten Lernstandes und seiner sozialen Kompetenzen dort ebenso erfolgreich wie bisher mitarbeiten kann. Bestehen Zweifel daran, dass der weitere Lernweg ebenso erfolgreich verläuft, so verbleibt das Kind in der Schuleingangsphase.

  • Ein Wechsel nach einjähriger Schuleingangsphase wird außerdem nur beschlossen, wenn die Erziehungsberechtigten ausdrücklich zustimmen.